Strafverfahren beschuldigte Person

Jede Person kann unerwartet und plötzlich in ein Strafverfahren involviert werden, man denke nur, wenn man mit dem Fahrrad eine alte Dame, welche sich auf dem Fussgängerstreifen befindet, überfährt und sie verletzt. Und schon gilt man als beschuldigte Person. Dabei ist wichtig zu wissen, welche Rechte und Pflichten man als beschuldigte Person gegenüber der mächtigen Untersuchungsbehörde hat. Diese Rechte werden nun nachfolgend aufgezeigt:

Rechte der beschuldigten Person

Information

Zu Beginn der Einvernahme durch die Untersuchungsbehörde wird die beschuldigte Person in einer ihr verständlichen Sprache über den Gegenstand des Strafverfahrens in der sie einvernommen wird, informiert und umfassend über ihre Rechte und Pflichten belehrt. Die beschuldigte Person muss wissen, welches strafbare Delikt ihr vorgeworfen wird.

Akteneinsicht

Die beschuldigte Person kann spätestens nach ihrer ersten Einvernahme und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen.

Eingaben

Die beschuldigte Person kann bei der Untersuchungsbehörde jederzeit Eingaben machen, wie zum Beispiel die Rückgabe ihres beschlagnahmten Natels.

Beweisanträge

Die beschuldigte Person hat das Recht, jederzeit Beweisanträge zu stellen, wie zum Beispiel das Einholen eines Gutachtens.

Schweigen

Die beschuldigte Person muss sich nicht selbst belasten. Sie hat namentlich das Recht, die Aussage und ihre Mitwirkung im Strafverfahren zu verweigern respektive zu schweigen. Es ist nicht Aufgabe der beschuldigten Person, Beweismittel betreffend der ihr vorgeworfenen strafbaren Handlung zu liefern, sondern es ist Aufgabe der Untersuchungsbehörde Beweismittel zu erbringen.

Verteidigung

Die beschuldigte Person hat das Recht, jederzeit eine Verteidigung zu bestellen oder gegebenenfalls, sofern sie über keine finanzielle Mittel verfügt, eine amtliche Verteidigung zu beantragen.

Pflichten der beschuldigten Person

Wie bereits erwähnt, hat die beschuldigte Person das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. Das heisst aber nicht, dass sie keine Pflichten hat. Nachstehend werden kurz die Pflichten dargelegt:

Mitwirkungspflichten

Die beschuldigte Person muss der Vorladung der Untersuchungsbehörde oder des Gerichts Folge leisten und muss persönlich erscheinen.

Duldungspflichten

Es gibt gewisse Zwangsmassnahmen, die die beschuldigte Person dulden muss, wie zum Beispiel die Hausdurchsuchung oder die Beschlagnahme von Beweismitteln.

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Strafverfahren Opfer

Auch dem Opfer stehen im Strafverfahren gegen die beschuldigte Person besondere Rechte zu:

Rechte des Opfers

Das Opfer kann eine Straftat bei der Polizei anzeigen, sei es mündlich oder schriftlich. Wichtig zu wissen ist, dass die Anzeige des Opfers bei Straftaten, die lediglich auf Antrag verfolgt werden, zum Beispiel Ehrverletzungsdelikte, Tätlichkeiten etc. innert drei Monaten erfolgen muss, andernfalls die Anzeige verspätet ist und von der Untersuchungsbehörde nicht mehr an die Hand genommen wird. Schwere Delikte wie Tötung, Vergewaltigung, sexuelle Handlungen mit Kindern etc. werden aufgrund ihrer Schwere von Amtes wegen verfolgt. Dies bedeutet, dass die Strafuntersuchung eingeleitet wird, sobald die Polizei oder die Staatsanwaltschaft von der strafbaren Handlung erfahren hat. Die Strafuntersuchung kann dann nicht mehr gestoppt werden. So kann zum Beispiel eine Nachbarin bei der Polizei melden, dass das Nachbarskind von seinem Vater sexuell missbraucht wird. Das Strafverfahren wird in Gang gesetzt, auch wenn dann die Staatsanwaltschaft zum Schluss kommt, dass eine strafbare Handlung des Vaters des Nachbarskinds nicht bewiesen ist.

Information

Die Untersuchungsbehörde informiert das Opfer nach der ersten Einvernahme umfassend über seine Rechte und Pflichten im Strafverfahren. Sie informiert zudem über die Adressen und die Aufgaben der Opferberatungsstellen sowie die Frist für die Einreichung von Gesuchen um Entschädigung und Genugtuung und übermittelt Name und Adresse des Opfers umgehend an eine Opferberatungsstelle, wenn das Opfer dies wünscht.

Die Opferhilfe beider Basel, Steinengraben 5, 4051 Basel, bietet kostenlose Beratung und vermittelt medizinische, psychologische, finanzielle und juristische Hilfe. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstelle Opferhilfe beider Basel unterstehen der Schweigepflicht.

Persönlichkeitsschutz

Die Strafbehörden wahren die Persönlichkeitsrechte des Opfers auf allen Stufen des Verfahrens.

Für unmündige Opfer, die im Zeitpunkt der Einvernahme jünger als 18 Jahre alt sind, kommen besondere Bestimmungen zum Schutz ihrer Persönlichkeit zur Anwendung. So sind sie grundsätzlich nicht mehr als zweimal einzuvernehmen. Die Einvernahmen werden zudem von einem Spezialisten/in durchgeführt. Die Befragung wird praxisgemäss mittels Videos aufgezeichnet.

Begleitung durch Anwalt/Anwältin

Das Opfer kann sich bei allen Verfahrenshandlungen von seinem Anwalt/Anwältin oder von einer Vertrauensperson begleiten lassen.

Schutzmassnahmen

Die Strafbehörden vermeiden eine Begegnung des Opfers mit der beschuldigten Person, wenn das Opfer dies verlangt. Ist jedoch eine Gegenüberstellung zwischen Opfer und beschuldigte Person zwingend notwendig, so muss der Anspruch der beschuldigten Person auf andere Weise gewährleistet werden. So kann zum Beispiel die beschuldigte Person auf schriftlichem Weg Ergänzungsfragen an das Opfer stellen oder die Einvernahme des Opfers erfolgt mit Videoübertragung in einem anderen Zimmer, so dass die beschuldigte Person die Möglichkeit hat, dem Opfer Ergänzungsfragen zu stellen. Oder die beschuldigte Person wird zum Beispiel bei der Einvernahme des Opfers ausgeschlossen, dagegen ist der Anwalt/Anwältin der beschuldigten Person zugelassen. Es gilt bei diesen Schutzmassnahmen immer zu beachten, dass die Verteidigungsrechte der beschuldigten Person gewahrt werden müssen.

Recht auf Aussageverweigerung

Das Opfer einer Straftat gegen die sexuelle Integrität hat das Recht, seine Aussage zu Fragen betreffend Intimsphäre zu verweigern.

Erhalt Strafbefehl/Strafgerichtsurteil

Dem Opfer steht das Recht zu, den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft und das Strafgerichtsurteil der beschuldigten Person zu erhalten.

Zusammensetzung des Gerichts

Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Integrität können verlangen, dass dem urteilenden Gericht wenigstens eine Person gleichen Geschlechts angehört.

Rechte des Opfers als Privatklägerschaft

Dem Opfer kommt grundsätzlich keine Parteistellung im Strafverfahren zu. Möchte das Opfer jedoch Verfahrensrechte geltend machen, die über die hievor genannten besonderen Rechte hinausgehen, muss sich das Opfer ausdrücklich als Privatklägerschaft konstituieren. Einerseits als Strafkläger/in, wenn die Verfolgung und Bestrafung der Täterschaft verlangt wird und andererseits als Zivilkläger/in, wenn gegenüber der beschuldigten Person zivilrechtliche Ansprüche (Schadenersatz und Genugtuung aus der Straftat) geltend gemacht werden.

Anwalt/Anwältin

Sollte das Opfer nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen, wird diesem für die Durchsetzung seiner Strafklage und/oder Zivilklage die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Das Opfer kann einen Anwalt/Anwältin seiner Wahl mit der Wahrung seiner Interessen beauftragen.

Akteneinsicht

Das Opfer kann spätestens nach der ersten Einvernahme mit der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen.

Teilnahme bei Beweiserhebungen

Das Opfer hat das Recht, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und durch das Gericht anwesend zu sein und der beschuldigten Person Fragen zu stellen.

Beweisanträge

Das Opfer hat das Recht, jederzeit Beweisanträge zu stellen, wie zum Beispiel das Einholen eines Gutachtens.

Zivilklage im Strafverfahren

Das Opfer, welches zivilrechtliche Ansprüche (Schadenersatz und Genugtuung) geltend machen möchte, muss die in der Zivilklage geltend gemachte Zivilforderung begründen, beziffern und zusammen mit sämtlichen Beweismitteln der Verfahrensleitung innert der von dieser gesetzten Frist einreichen. Soweit eine Versicherung für den Schaden aufkommt, entfällt der Anspruch der Zivilklägerschaft auf Geltendmachung gegenüber der beschuldigten Person, da der Anspruch auf die Versicherung übergeht.

Schadenersatz und Genugtuung

Das Opfer kann Schadenersatz und Genugtuung gegenüber dem Kanton geltend machen, sofern der Täter seine Leistung nicht erbringt. Der Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung ist bei der zuständigen kantonalen Behörde geltend zu machen. Wichtig zu wissen ist, dass das Gesuch betreffend Entschädigung und Genugtuung innert 5 Jahren seit der Straftat oder nach Kenntnis der Straftat einzureichen ist, andernfalls die Ansprüche verwirkt sind.

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